Lange Worte

Wer etwas klauen möchte, bricht meistens in eine Wohnung ein und begeht dabei einen Diebstahl. Sämtliche Schritte dieser Tat hat Cityreport24 locker in das erste Langwort des Jahres 2023 gepackt: Wohnungseinbruchdiebstahl

Aus eigener Erfahrung kann ich dieses Teil wärmstens empfehlen. Nicht etwa, weil ich es kenne. Aber weil ich weiß, wie es ohne ist. Ohne einen Skihalsschlauchschal. Mit Helm und Skibrille und Schlauchschal ist die FFP2-Maske genau eine Schicht zu viel. Wie gut, dass es dafür jetzt diesen Maskenschal gibt.

Manchmal fällt mir ein langes Wort ganz plötzlich auf, obwohl ich es bereits viele Jahre ganz in meiner Nähe erlebt habe. So ein Wort ist die Anzeigensonderveröffentlichung. Von Verkaufsteams lokaler Tageszeitungen hoch gelobt, immer seltener jedoch gut gefüllt. Die Anzeigensonderveröffentlichung ist gedrucktes Content Marketing.  

Wenn man wenig Platz hat, dann verlockt es natürlich, die einzelnen Wörter aneinander zu kleben. Jedes eingesparte Lehrzeichen zählt. Nur dieser Not ist es zu erklären, dass aus Opfer des Feuers auf einem Schiff sogenannte Schiffsbrandopfer werden.

Was wäre diese Seite ohne die Ostsee? Und was wäre www.langeworte.de ohne das Ostseewasser? OK, an der frischen Luft knallt das Wasser aus der Ostsee natürlich noch etwas stärker rein. Diesen Zustand höchster Entzückung will die Kirche offenbar auch noch für einen Gottesdienst ausnutzen. Und weil's um Wasser geht, hängt sie gleich noch eine Taufe dran. Also sind die Lübecker Nachrichten richtig verwegen und kündigen in einer einspaltigen (!) Kurzmeldung den Open-Air-Ostseewasser-Taufgottesdienst an.

Stefan Gwildis singt in seinen Song "Doppelhaushälftenherz" (!) von einem Mann, der mit seinem Wagen von Bofrost durch die Neubausiedlungen im Speckgürtel einer großen Stadt fährt. Dort trifft er vor allem auf Hausfrauen, einige mit "Doppelhaushälftepferdeschwanz", denen er anbietet: "Ich bin ein Speckgürtelfrauenversteher. Also, wenn es jetzt bei dir klingelt, dann komm 'raus und steig zu mir in den Kühlwagen, und wir fahren in den Süden."

Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Inventur nicht so viel zählen wollen, dann muss vorher noch möglichst viel Inventar verkauft werden. Dafür eignet sich der besondere Verkauf vor einer Inventur: der Inventursonderverkauf.

Viele kleinere Firmen brauchen einen Plan für den Fall, dass der Besitzer unerwartet stirbt. So schreibt die F.A.Z. In der Einleitung des Artikels vom 19. Oktober 2016 auf Seite 27 zum "Erbschaftssteuernotfallplan" 

Die Garnisonkirche in Potsdam gibt es gar nicht. Es gab sie mal. Und damit sie nicht wieder aufgebaut wird, wird gegen genau diesen Wiederaufbau protestiert. Offensichtlich befürchteten die Gegner des Wiederaufbaus nun am 11.9.2016, dass den restlichen Bürgern der Stadt Potsdam eben dieser Wiederaufbau (als positiv) verkauft werden soll. Auslöser war ein Gottesdienst, der mangels Kirche in einem Gebäude auf der anderen Straßenseite abgehalten wurde. Daraus machten die Gegner des Wiederaufbaus der Garnisonkirche dann die "Garnisonkirchenverkaufsveranstaltung".

Zugegeben, ein durchaus künstliches Wort. Aber auch richtig schön lang:  Rheinhessenmutterrosenmontagssonntagsfestumzug (F.A.Z., 9. Mai 2016, Seite 7)

Ich sollte Dietmar Dath dankbar sein. Sein Text zum 60. Geburtstag des Regisseurs Roland Emmerich wartet in Überschrift und Unterzeile gleich mit zwei besonders schönen Langworten auf: Tiefseegrabentrümmerbagger und Katastrophenkinozehnkampf. Gesehen in der F.A.Z. vom 10. November 2015 auf Seite 9. Im Verlauf des Textes finden sich dann leider nur noch vergleichsweise kurze Worte wie Schottenrockoper, Erzählvergröberung, Panoramasenke oder Brandstifterinstinkte.

Die F.A.Z. Ist doch immer mal wieder für ein schönes lange Wort zu haben. "Wir Kunstnaturkatastrophengeschöpfe" entstammt der Ausgabe vom 10. Juni 2015 auf Seite 10.

Harald Martenstein darf das (Tagesspiegel, 23.2.2014, Seite 1)

Manchmal, ganz selten, arbeiten Kollegen der Zeitung für dieses Blog. Hier ein Beispiel aus der Märkischen Allgemeinen vom 22. Oktober 2013 (Potsdam, Seite 21)für das ich äußerst dankbar bin. Die gute "Verkehrsanbindungssituation" hätte auch nur eine gute Anbindung sein können, vielleicht noch Verkehrsanbindung. Und der "Bahnhofsgebäudekomplex" hätte alles auch allein sein können: Bahnhof, Gebäude oder Komplex.

Wer lange Worte baut, handelt häufig unüberlegt. Das jedenfalls ist die Grundannahme dieser Seite. Wer lange Sätze baut, ist vermutlich sogar noch stolz darauf. Das zumindest lässt dieses Ungetüm mit 208 Wörtern vermuten. Gefunden hat es das neue Handbuch des Journalismus . Gratulation!

Es geht schlicht um die Ausbildung und Austattung der freiwilligen Feuerwehr. Und darum, wie die freiwilligen Helfer alarmiert werden. Viel zu profan für ein amtliches Dokument. Also wird daraus fix der Gefahrenabwehbedarfsplan. Ein schönes langes Wort, das durch folgendes Zitat gekrönt wird: " Auf Bitten von Marcus Klepzig erhalten nun alle Ortswehrführerkollegen den Gefahrenabwehrbedarfsplan. " P.S. Vielen Dank den neuen freiwlligen Helfern, die dieses Ungetüm in der MAZ vom 21. Juni 2013 aufgespürt haben ;-)

Wenn in der Zeitung wenig Platz ist, dann wird geklebt. So spart sich der Redakteur beim "Gullydeckelwurf" nicht nur die Lücke zwischen zwei Worten. Nein, die Überschrift wäre auch noch durch ein "von" länger geworden.  Wobei der Rhythmus des Wortes durch die ähnlichen Silben bei mir auch noch Erinnerungen an die ostfriesische Disziplin des Gummistiefel-Weitwurfs weckt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Da hat sich ein langes Wort mitten in einem Stapel Zeitungen versteckt... Mit einem Hacksteak hat dieses Wort aber nicht viel zu tun. Sonst könnte der geneigte Leser schnell auf den Gedanken kommen, dass hier das gemischte Hack noch mit Holzspänen versetzt worden sein könnte. Doch damit befindet man sich auf dem Holzweg. Denn es scheint sich eher um geschnitztes Holzhack oder gehackte Holzschnitzel zu handeln, für Öfen, Spielplätze und Beete.

Die Redaktion der F.A.Z. scheint lange Worte zu lieben :-) So wurde jüngst in China eine lange, nein, die längste Strecke für einen echt schnellen Zug eröffnet. So würde das in der Zeitung (17.12.2012) aber etwas öde klingen. Also muss es eine Superschnellzugstrecke werden, wobei dem Leser verborgen bleibt, ob es sich um eine "super Schnellzugstrecke", eine "Superschnellzug-Strecke" oder eine "Superschell-Zugstrecke" handelt ;-)

Nein, das Ding hat nichts mit den Dominosteinen zu tun, die in der Weihnachtszeit verputzt werden. Allerdings können auch diese Schokowürfel einen Dominoeffekt hervorrufen, wenn es um die anschließenden Diäten geht. Beim Dominoeffektverhindeeungsmechanismushat sich die F.A.z. (14.12.2012) einfach nur ein nettes langes Wort für eine Wirtschaftsmeldung ausgedacht.